Vom Samenkorn zur Pflanze




Zuerst muß ich sagen, daß ich letztes Jahr erstmals ausgesäht habe. Die meisten der u. a. Tips sind nicht "auf meinem Mist gewachsen".

Zeitpunkt:
Sind Sie im Besitz von technischen Hilfsmitteln, wie beheizbare Aussaatschalen und Zusatzbeleuchtung, dann können Sie das ganze Jahr über aussähen. Haben Sie keine Hilfsmittel zu Verfügung, dann sähen Sie am besten im Frühjahr und Frühsommer, in der Zeit von April bis Juli aus.

Aussaatgefässe:
Geeignet ist so ziemlich alles, was man mit einer Klarsichtfolie, einer Glasscheibe oder einem durchsichtigen Deckel abdecken kann, nur ein Wasserabzugsloch sollte vorhanden sein, das auch zur späteren Bewässerung dienen kann. Flache, breite Schalen haben sich bei mir bewährt. Dort habe ich für jede Sorte einen 5cm Topf verwendet, damit sich die Samen nicht vermischen können. Stellen Sie sicher, daß die Gefäße steril sind, um Ausfälle durch Vermehrungskrankheiten zu vermeiden.

Standort:
Stellen die Aussaatgefässe an einen um 25° C warmen hellen Ort, aber vermeiden Sie direktes Sonnenlicht. Achtung, auf Steinfensterbänken sollten Sie die Bodenkälte durch eine Styroporunterlage abschirmen.

Die Erde:
Sie können ganz normale Anzuchtserde nehmen, die Sie noch mit etwa 25% Quarzsand vermischen. Es geht auch mit normaler handelsüblicher Kakteenerde.

Los geht's:
Bereiten sie die Aussaatgefässe vor, indem Sie diese gründlich reinigen (s.o.). Die Erde vor dem Einfüllen von groben Bestandteilen befreien, z.B. durch das Sieben in einem Drahtgitter. Füllen sie dann das Aussaatgefäss bis etwa 1 cm unter den Rand mit Erde auf und drücken Sie diese leicht an, damit eine gerade gleichmässige Fläche entsteht. Ein flaches Holzstückchen oder ähnliches kann hier behilflich sein. Auf die so vorbereitete Fläche streuen Sie nun die Kakteensamen. Diesen drücken Sie nun diese nun mit der Erde an, am besten mit einem stempelartigen Brett. Decken Sie ihn aber nicht mit Erde ab, Kakteensamen braucht Licht zum Keimen! Denken Sie daran: für jede Sorte ein eigenes Aussaatgefäss, sonst haben sie spätestens nach dem ersten Giessen ein totales Samenchaos. Und auch daran, jedes Aussaatgefäß mit dem Namen der Pflanzenart oder -sorte zu etikettieren, damit später keine Verwechslungen vorkommen. Jetzt die Erde gut durchfeuchten, am besten von unten bewässern (Aussaatgefässe in eine Schale mit Wasser stellen), damit die Samen nun nicht herumgeschwemmt werden. Nun brauchen wir die Gefässe nur noch mit Frischhaltefolie bzw. Kunststofdeckel abdecken und an ihrem vorgesehenen Standort plazieren.

Die ersten Keimlinge können sich schon nach 48 Stunden zeigen und innerhalb von 10 Tagen keimen die meisten Kakteensamen. Ausnahmen bilden hier z. B. Opuntiensamen, sie brauchen oft 4 Wochen und länger, um zu keimen. Sehr wichtig ist es, dass in dieser Zeit die Saat nicht austrocknet. Wird aufgequollener Samen trocken, so stirbt er unwiederbringlich ab. Die Keimfähigkeit von Kakteensamen ist sehr unterschiedlich und variiert stark von Gattung zu Gattung. Viele Kakteensamen keimen erst gut, wenn sie ausgereift sind und über Monate hinweg abgelagert wurden. Andere, wie zum Beispiel die Samen von Rebutia und Sulcorebutia keimen frisch am besten. Ganz besonders gilt dies für die Samen von Lophophora wiliamsii, hier gilt, je frischer desto besser, am besten direkt von der Pflanze in die Erde.

Anmerkung:
Wenn bisher alles gut gegangen ist, haben Sie jetzt eine Menge von Kakteenkeimlingen vor sich, die so gar nicht wie Kakteen aussehen. Die nächsten 2-3 Wochen bis zur Bildung von winzigen Dornen im Scheitelpunkt der Sämlinge sind die schwierigste Zeit. In dieser Zeit müssen Sie darauf achten, dass Sie die Saat immer etwas feucht halten, andererseits nicht zu feucht, damit sich keine Pilze und Algen bilden. Die Glasabdeckung sollten Sie möglichst früh von den Gefässen entfernen, schon 3-4 Tage nach Aufgehen der Saat. Das ganze gleicht immer wieder einem Drahtseilakt, denn der Feind Nummer 1 ist der sogenannte Vermehrungspilz. Anfangs zeigen sich nur sehr feine weisse Pilzfäden auf der Erdoberfläche, aber sobald diese die Sämlinge erreichen, vernichten sie in wenigen Stunden eine ganze Aussaat. Die Sämlinge werden glasig, fallen in sich zusammen und verschwinden spurlos. Tritt dieser Pilz bei Ihnen auf, müssen Sie die betroffenen Gefässe sofort von den anderen trennen, um eine Verbreitung über die gesamte Aussaat zu verhindern. Aber auch ohne Pilzprobleme wird der eine oder andere Keimling ohne erkennbaren Grund sterben. Das ist ganz natürlich, und Sie sollten sich nicht scheuen, dahinkümmernde Sämlinge zu entfernen.

Die Aufzucht:
Haben die Sämlinge die nächsten Wochen schadlos überstanden und zeigen sich die ersten feinen Dornen ( eigentlich sind es ja erst einmal nur feine Härchen ), so sollten wir die Erde vor dem nächsten Giessen immer regelmässig abtrocknen lassen. Das verhindert die Ausbreitung von Algen und Pilzen. Auch kann man die Sämlinge in diesem Stadium schon Umpflanzen, wenn dies durch grün veralgte Erde oder Pilzinfektionen nötig werden sollte. Dazu nehmen Sie die Pflänzchen vorsichtig mit einer Pinzette aus der Erde, ohne Druck auf die Pflanzenkörper auszuüben. Setzen Sie diese in frische Erde in dafür vorbereitete Pflanzlöcher. Das alles erfordert sehr grosse Vorsicht, die Kakteensämlinge sind in diesem Entwicklungsstadium noch sehr empfindlich gegen Verletzungen.
Ist alles gelungen, werden Sie staunen, wie schnell die Winzlinge in frischer Erde weiterwachsen. Die Sämlinge sind nun ausser Gefahr. Je grösser Sie werden, desto robuster kann man Sie behandeln. In den ersten ein bis zwei Jahren sollte man die kleinen Pflanzen aber in der Winterruhe nicht völlig trocken halten, sie können noch nicht genug Wasser in ihren kleinen Körpern speichern, um das zu überstehen.

Die Selbstaussaat:
Hier möchte ich auf eine Besonderheit vieler Rebutien, Sulcorebutien und Mammilarien noch etwas näher eingehen. Bei diesen Kakteensorten kommt es häufig vor, dass sie sich ohne unser zutun, ganz von alleine durch Samen weitervermehren. Meist noch im Jahr der Blüte kann man bei genauerem hinsehen rund um die Kakteenkörper viele kleine Kakteensämlinge entdecken. Diese gedeihen überall dort, wo die Sonne nicht direkt hinkommt, und sich die Feuchtigkeit etwas länger halten konnte. Dadurch entstehen in wenigen Jahren oft ganze Gruppen von Kakteen, ganz wie an den natürlichen Standorten der Kakteenheimatgebiete. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass es sich bei den so vermehrten Pflanzen um sortenreine Arten handelt. Oft entstehen durch die wilde und unkontrollierte Bestäubung der Blüten Hybriden, denn viele Kakteen lassen sich untereinander sehr leicht kreuzen.

Tip:
Dichte Aussaat ist nicht fehlerhaft, da Kakteen keimen besser, wenn die Samen "Tuchfühlung" haben. Am besten stellt man sie jetzt an den hellsten Platz den man finden kannst, um zu verhindern, dass sie allzusehr in die Länge wachsen. Pikieren kannst man immer noch, wenn die Keimblätter verschwunden sind und die Kakteen Dornen haben